Amtsgericht will Cannabisverbot vom Verfassungsgericht überprüfen lassen.
Im Juni 2021 hat das Amtsgericht Pasewalk, so wie bereits die Amtsgerichte Bernau und Münster vor ihm, in einem Beschluss die Verfassungswidrigkeit der §§ 29 I Nr.3, 29a und 31a BtMG moniert, soweit sie den Besitz von Cannabis unter Strafe stellen. Nach Ansicht des Gerichts verstoße dieses Verbot gegen immanente Grundrechte der Bürger sowie gegen die verfassungsmäßigen Spielregeln des Gesetzgebers.
Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot und das Verbot der Ungleichbehandlung
So kritisiert das Gericht zunächst, dass die Einstellungspraxis der Bundesländer uneinheitlich sei. § 31a BtMG ermögliche nämlich die Straffreiheit bei Besitz von Cannabis in geringen Mengen zum Eigenbedarf. Wie hoch der Eigenbedarf sei, würde jedoch von Land zu Land und Staatsanwaltschaft zu Staatsanwaltschaft unterschiedlich gesehen und gehandhabt. Während man in Berlin von 15 g Eigenbedarf ausgehe, seien es in anderen Bundesländern etwa nur 6 g. Einige Länder regelten in Diversionsrichtlinien, wann ein Verfahren einzustellen sei, andere hingegen stellten die Einstellungsfrage komplett ins Ermessen der Staatsanwaltschaft und regelten diese gar nicht.
Das sorge mitunter zu einem massiven Strafgefälle.
Unsinnige Drogenpolitik
Zudem führt das Gericht an, dass der Gesetzgeber inkonsequent in seiner Drogenpolitik sei.
So führe er Cannabis in Anlage I des § 1 I BtMG neben Kokain und Heroin als gefährliche Droge an, obwohl die UN-Suchtkommission Cannabis bereits im Jahre 2020 von der Liste gefährlicher Drogen genommen habe. Auf der anderen Seite gebe der Staat an, er unterstütze die Ziele und Grundsätze der internationale Drogenpolitik. Das passe laut dem AG Pasewalk nicht zusammen.
Die Ungleichbehandlung von Alkohol- und Tabakkonsumenten gegenüber der wachsenden Zahl von Cannabiskonsumenten verstoße ebenfalls gegen Art. 3 I GG. Es gebe schlichtweg keine sachlichen Gründe für die Ungleichbehandlung, wisse man doch mittlerweile sehr genau, dass Cannabis weitaus weniger schädlicher als diese erlaubten Genussmittel sei. Das Gericht verweist hierbei auf einen Artikel des Ärzteblatts, welches die Legalisierung von Cannabis als weithin unbedenklich darstellt.
Cannabis keine kulturfremde Droge
Zudem sei die Zahl der Konsumenten nun nicht mehr nur eine kleine Minderheit. Schätzungen ergäben, dass knapp 4 Mio. Menschen in Deutschland Konsumenten von Cannabis seien.
Diese große Gruppe würde nicht nur ungleich gegenüber anderen Konsumentengruppen benachteiligt, obwohl sie längst keine „kulturfremde“ Droge mehr sei. Ein weitreichendes Verbot, wie es im Moment herrsche, würde auch massiv in die Freiheitsrechte all dieser Konsumenten eingreifen, ohne dass dieser im Endeffekt gerechtfertigt werden könne.
Fazit
Es bleibt spannend, was das Bundesverfassungsgericht zu dieser Vorlage des Amtsgerichts entscheiden wird. Fakt ist, dass sich der Wind in Sachen Cannabis in diesem Land gedreht hat. So sind längst nicht nur Konsumenten an einer Legalisierung interessiert.