Neufassung § 184b StGB

Gesetzesentwurf zum neuen § 184b StGB

Strafverschärfungen bei Kinderpornographie

Ermittlungsverfahren & Strafverfahren

Kanzlei Louis & Michaelis verteidigt seit 2005 Mandanten im ganzen Bundesgebiet bei dem Vorwurf Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie.

Die verabschiedete Neuregelung des § 184b StGB bringt erhebliche Veränderungen mit sich. Bis dato konnten Verfahren häufig außergerichtlich geklärt werden. Durch Einstellungen gegen Geldauflage oder den Erlass eines Strafbefehls konnten öffentliche Verhandlungen durch unsere Kanzlei oftmals vermieden werden.

Mit der Gesetzänderung wird es offensichtlich primäre Aufgabe unsere Kanzlei sein, unsere Mandanten vor einer vollstreckbaren Haftstrafe zu schützen und Sie in einer öffentlichen Verhandlung vor Medien und anderen Interessierten zu schützen.

Da wir seit 2005 bereits mehr als 10.000 Ermittlungsverfahren und Strafverfahren verteidigt haben, sehen wir dieser Aufgabe mit Gelassenheit entgegen und werden unsere Mandanten weiterhin schützen.

Wir haben bereits Strategien entwickelt, wie wir mit den drakonischen Strafen, die verhängt werden sollen, umgehen.

Sollten Sie sich nach dem Erlass des Gesetzes mit einer Vorladung zu einer Beschuldigtenvernehmung oder einer Hausdurchsuchung konfrontiert sehen, dann nehmen Sie umgehend Kontakt unter: 0201 3104600 auf bzw. schicken Sie uns eine E – Mail unter: mail@rechtsanwalt-louis.de

Bitte inkludieren Sie bei der unverbindlichen Anfrage das Sicherstellungsprotokoll und den Beschluss, die im Zusammenhang mit der Durchsuchung stehen.

Hintergrund der Neufassung des § 184b StGB 

Am 27.10.2020 haben die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder eingereicht.[1] Der Entwurf ist vom Bundesrat im Hinblick auf den hier diskutierten § 184b StGB unverändert angenommen worden.[2] Der Gesetzestext lautet wie folgt:

  • 184b Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

  1. einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
  2. a) sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
  3. b) die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
  4. c) die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
  5. es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
  6. einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
  7. einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.

Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

  1. staatlichen Aufgaben,
  2. Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
  3. dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

  1. die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
  2. die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

 

Die wichtigsten Änderungen

Strafverschärfung von § 184b Abs.1 StGB

Es fällt zunächst die enorme Verschärfung des Strafrahmens auf. Nach § 184b StGB alter Fassung variierte der Strafrahmen nach der Begehungsvariante. Für das Herstellen kinderpornographischer Daten oder durch Verbreiten / Zurverfügungstellen solcher Inhalte an andere Personen sah das Gesetz eine Mindestfreiheitsstrafe von 3 Monaten bei einer Höchststrafe von 5 Jahren vor. Der bloße Besitz kinderpornographischer Daten wurde sah keine Mindestfreiheitsstrafe, sondern nur eine Höchststrafe von 3 Jahren vor. Unsere Kanzlei konnte für einen Großteil unserer Mandanten erreichen, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wird; es kam zu keiner öffentlichen Gerichtsverhandlung. Selbst im Fall der Verbreitung kinderpornographischer Inhalte konnten wir größtenteils Geldstrafen erstreiten. Denn auch Freiheitsstrafen bis zu 6 Monaten können gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 StGB in eine Geldstrafe umgewandelt werden.

Nach § 184b StGB neue Fassung ist bereits der Besitz einer einzigen kinderpornographischen Datei, also beispielsweise eines Bildes, ein Verbrechen und als solches mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 1 Jahr Freiheitsstrafe strafbewehrt. Lösungen im außergerichtlichen Ermittlungsverfahren sind deshalb kaum möglich. Die Staatsanwaltschaft wird vielmehr zwingend Anklage erheben müssen, wenn der Mandant nicht eine noch höhere Strafe wegen eines anderweitigen Vorwurfs zu erwarten hat. Nur in diesem Fall könnte die Staatsanwaltschaft wegen eines weiteren Vorwurfs oder aufgrund einer bereits anderweitigen Verurteilung zu einer hohen Strafe das Ermittlungsverfahren nach § 154 StPO einstellen – muss es aber nicht. Von diesem Ausnahmefall abgesehen ist eine Anklage zudem nicht wie bisher beim Einzelrichter, sondern beim Schöffengericht verpflichtend. Es wirken also stets zwei Schöffen neben dem Berufsrichter an der Entscheidung mit.

Strafschärfung von § 184b Abs. 2 StPO

Der Gesetzgeber sieht nunmehr anstatt einer Freiheitsstrafe von 6 Monate bis 10 Jahre eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren bis 15 Jahren vor. Damit ist in Fällen des Verkaufs mit Gewinnerzielungsabsicht oder der bandenmäßigen Begehung eine Bewährungsstrafe praktisch ausgeschlossen.

Hinzutreten von § 184b Abs. 1 Satz 2 StGB

In § 184b Abs. 1 StGB neue Fassung ist ein zweiter Satz hinzugefügt worden. Danach beträgt die Strafe in den Fällen des § 184b Abs. 1 Nr. 1 und 4 StGB zwischen 3 Monaten und 5 Jahren, wenn der kinderpornographische Inhalt kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt. Eine Veränderung zur alten Gesetzeslage ist dadurch aber nicht eingetreten. Das Einfügen des zweiten Satzes war erforderlich, um diese Tatbestandsvarianten, die allesamt Vorbereitungshandlungen betreffen, von der generellen Anhebung des Strafrahmens auszunehmen. Im Ergebnis bleiben die Strafahmen der alten Fassung also erhalten, soweit es sich um nicht bei den Inhalten nicht um tatsächliche oder wirklichkeitsnahe Missbräuche von Kindern handelt – im Übrigen unterfallen auch die Vorbereitungshandlungen der Mindeststrafe von 1 Jahr.

Versuchsstrafbarkeit von § 184b Abs. 4 StGB

Die Anordnung der Versuchsstrafbarkeit in § 184b Abs. 4 StGB ist missverständlich. Nach § 184b Abs. 4 StGB ist die Versuchsstrafbarkeit in den Fällen des § 184b Abs. 1 Satz 1, in Verbindung mit Satz 2 angeordnet worden, d.h. in den Fällen, in denen es im Wesentlichen um die Verbreitung und Herstellung kinderpornographischer Inhalte geht, die aber keinen tatsächlichen oder wirklichkeitsnahen Missbrauch dokumentieren. Dem Wortlaut nach könnte man meinen, im Übrigen sei der Versuch nicht strafbar – also neben dem Besitz kinderpornographischer Schriften u.a. auch das Herstellen und Verbreiten tatsächlicher oder zumindest wirklichkeitsnaher Inhalte. Da aber sämtliche anderen Varianten ohnehin nach neuer Fassung zum Verbrechen qualifiziert wurden, bedarf es keiner gesonderten Anordnung der Versuchsstrafbarkeit mehr. Denn Verbrechen, also Taten, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 1 Jahr bedroht sind, sind stets strafbar nach § 12 Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 23 Abs. 1 StGB. Der Gesetzgeber wollte also durch die Anordnung der Versuchsstrafbarkeit nur die Begehungsvariante des § 184b Abs. 1 Satz 2 StGB neue Fassung zusätzlich erfassen.

Damit ist der Versuch jeder Tatbestandsvariante nach § 184b StGB nach neuer Fassung strafbar. Eine weitere Verschärfung gegenüber der alten Fassung, nach welcher der Versuch u.a. des Besitzes kinderpornographischer Inhalte noch nicht strafbar war.

Untersuchungshaft

Wird eine Vielzahl kinderpornographischer Dateien gefunden oder liegt ein Anwendungsfall von § 184b Abs. 2 StGB vor, droht dem Mandanten nach der neuen Fassung des § 184b StGB die Untersuchungshaft. Nach bisheriger Fassung konnte der nicht vorbestrafte Mandant selbst bei Besitz von mehreren Tausend kinderpornographischer Dateien durchaus noch mit einer Bewährungsstrafe rechnen. Nunmehr wird voraussichtlich derselbe Mandant bereits im Ermittlungsverfahren in Untersuchungshaft genommen werden. Die Strafe wird voraussichtlich nicht mehr im bewährungsfähigen Bereich liegen. Bei gewerbs- oder bandenmäßiger Begehung verlangt der Gesetzgeber sogar eine Mindeststrafe von 2 Jahren, wobei eine Strafe nur bis zu einer Freiheitsstrafe von höchstens 2 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Im Ergebnis wird bei Anwendung des § 184b Abs. 2 StGB auch der nicht vorbestrafte Täter in der Justizvollzugsanstalt landen.

Interessant wird sein, wie die Strafverfolgungsbehörden die Ermittlungsverfahren bei Verdacht einer Straftat nach § 184b StGB neuer Fassung organisatorisch führen werden. Denn die Auswertung sichergestellter / beschlagnahmter Geräte wie PCs, Laptops und Mobiltelefone beträgt derzeit ca. 1 Jahr. Sobald aber Untersuchungshaft angeordnet wird, muss die Justiz das Verfahren beschleunigen. Grundsätzlich ist Untersuchungshaft nur bis zu einer Dauer von 6 Monaten erlaubt, bei Ablauf dieser Frist muss das Oberlandesgericht über die Fortdauer entscheiden. Sofern die Untersuchungshaft von den Strafverfolgungsbehörden regelmäßig erst nach Auswertung der Geräte bei Feststellung entsprechender Daten angeordnet wird, erfolgt die Haft zu einem sehr späten Zeitpunkt – hier werden wir Sie als Verteidiger schon im Vorfeld beraten und dadurch einer solchen negativen Entscheidung vorbeugen können.

 Kritik an der geplanten Gesetzesänderung

An der geplanten Änderung des § 184b StGB ist vielfach Kritik geäußert worden. Eine Einzelfallentscheidung insbesondere bei Mandanten, die nur wenige Bilder besitzen, ist nicht mehr möglich. Man stelle sich den Fall vor, in dem jemand ein einziges kinderpornographisches Bild aus einer Messenger-Gruppe erhalten hat und dieses Bild nicht oder nicht restlos von seinem Gerät gelöscht hat. Denn auch sog. Thumbnails, also Miniaturbilder, die nach einem Löschvorgang noch im Gerät vorhanden sein können, begründen eine Strafbarkeit wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte. Die Staatsanwaltschaft wird auch hier Anklage vor dem Schöffengericht erheben müssen.

Es luechtet überdies wenig ein, dass nach dem neuen Gesetzesentwurf zum sexuellen Missbrauch von Kindern nach § 176 StGB ebenfalls „nur“ mit einer Mindeststrafe von 1 Jahr Freiheitsstrafe bedroht werden soll. Dadurch wird von dem Gesetz derjenige Täter, der auch nur ein einziges kinderpornographisches Bild besitzt, mit einem Täter formell gleichgestellt, der einen – wenngleich nur „einfachen“ – Realmissbrauch durchführt. Das kann nicht überzeugen. Doch so sehr wir als Verteidiger auch einzelne Gesetze nicht als gerecht empfinden, so werden wir weiterhin versuchen, das bestmögliche für unsere Mandanten zu erreichen.

Mehr denn je wird es für Beschuldigte des Vorwurfs einer Straftat nach den § 184b StGB neue Fassung angezeigt sein, einen Spezialisten als Verteidiger zu beauftragen. Wenn Sie eine polizeiliche Vorladung erhalten oder bei Ihnen durchsucht wird, wenden Sie sich bitte an unsere Kanzlei.